In meiner täglichen Arbeit als Therapeutin stelle ich immer wieder fest, dass Menschen die durch ein Entwicklungstrauma ein verletztes inneres Kind haben, sich in Kontakt mit anderen nicht gut oder gar nicht spüren können. Wenn sie allein sind, dann wissen sie meistens, wie es ihnen geht, was sie möchten, welche Bedürfnisse gerade da sind. Sobald sie in Kontakt mit anderen sind, können sie nur noch die Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse des anderen wahrnehmen.
Dazu nutze ich gerne eine Metapher:
Stelle dir vor du bist Kapitän/in eines Schiffes und fährst mit deinem Schiff in deinem Meer herum. Der andere, dein Partner (oder deine Chefin deine beste Freundin dein Nachbarn oder wer auch immer) haben auch ein Schiff und sind ebenso der Kapitän ihres eigenen Schiffes. Es könnte nicht schöner sein und ihr beide Kapitäne der Schiffe fahrt nebeneinander irgendwo hin, wo es schön ist, jeder sorgt für seinen eigenes Schiff, wenn Not am Mann ist hilft man sich natürlich, aber im Grunde trägt jeder die Verantwortung für sein eigenes Schiff und teilt die Freuden und die Eindrücke dieser Fahrt gemeinsam. Das ist eine gesunde Beziehung.
Aber was passiert bei einem verletzten inneren Kind mit der Ausprägung „angepasst?“. Wenn ein anderes für ihm emotional wichtiges Schiff in seiner Nähe ist, dann verlässt der Kapitän des angepassten Kindes sein eigenes Schiff und geht hinüber zum anderen Schiff und kümmert sich um dessen Angelegenheiten. Der Kapitän vergisst völlig, dass das draußen ein anderes Schiff gerade ohne Kapitän herumtreibt.
Wenn dieses Bild erstmal klar ist, dann versuche ich mit meinen Klienten Wege und Möglichkeiten zu finden, auch im Kontakt mit geliebten Menschen bei sich zu bleiben und sich selbst zu spüren, die Verantwortung für eigene Gefühle und Bedürfnisse zu übernehmen und die Kontrolle über das Schiff des anderen beim anderen zu lassen.
Das ist für beide Seiten unglaublich befreiend und heilsam.